Es ist nun offiziell: Die Filiale von ZARA an der Obernstraße schließt voraussichtlich Anfang 2021 endgültig ihre Pforten. Für die Bremer Zara-Anhänger, die die ausgefallenen Kleidungsstücke von dem spanischen Modelabel tütenweise gekauft haben, ist es ein Riesenschock, für die Plus-Size-Fashionistas und Kritiker jedoch nicht. Zwar ist es für die Bremer City sehr deprimierend, dass eine weitere Filiale schließt und keine erforderliche Einnahmen erbringen kann, da auch neben Galeria Kaufhof und Karstadt Sport in absehbarer Zeit Insolvenz angemeldet haben und auch ihre eigene Filialen schließen, dennoch sollte man einsehen, dass diese Hiobotschaften für die Mode-Einzelhandel etwas Wichtiges ankündigen wollen: Es wird auch langsam aber sicher Zeit!
Es wird langsam aber sicher Zeit, dass Geschäftskonzepte neu gestaltet werden müssen und die Geschäftsinhaber der Modekonzerne endlich einsehen, dass die Nachfrage nach Bekleidungen in Plus-Size-Größen steigen. Man kann die Kund_Innen nicht mehr zwingen, sich in sehr engen Jeanshosen reinzuquetschen und deshalb Grenzen für Konfektionsgrößen einzuziehen. Plus-Size-Menschen als „Personas non gratas“ in ihren Läden zu behandeln ist sowas von 90er Jahre und da hilft die Heidi mit ihrer Aversion gegen dicke Models nicht, diese Labels wie Zara nicht zu unterstützen.
Ich kann mich noch erinnern, wie ich zum ersten Mal die große Filiale von Zara an der Oberstraße betreten hatte. Damals wurde sie neu eröffnet und meine Freundin wollte unbedingt mit mir hin. Für uns Bremer_Innen war das ein Highlight gewesen, wenn sich ein neuer Laden in der Bremer City eröffnet, denn wir sind dran gewöhnt, dass Läden eröffnen und wieder schließen. Ich war schon damals als Jugendliche übergewichtig gewesen, experimentierte noch an Diäten und wusste nichts von Body Positivity, als ich in diesem Laden reinging und nichts für mich gefunden hatte. Die Kleidungsstücke waren alle in kleinen Konfektionsgrößen herstellt worden, sehr selten konnte man ein Kleid in Größe L ergattern. Während meine Freundin mit einer Tüte voller ZARA-Pieces glücklich und zufrieden den Laden verlassen konnte, ging ich mit leeren Händen raus. Bisher besitze ich nur zwei Artikeln von Zara: Einen schwarzen Pumps und einen Ohrschmuck. Jedesmal, wenn ich in dem Laden reingehe, fokussiere ich mich auf Taschen, Accessoires und Schuhe, da ich eh weiß, dass meine Konfektionsgröße bei ZARA tabu ist und jedesmal werde ich enttäuscht. Als ZARA anfing, einige Kleidungsstücke in der Konfektionsgröße XL anzubieten, hatte ich doch noch ein Fünkchen Hoffnung gehabt, doch etwas für mich zu finden. Pustekuchen! Selbst in Konfektionsgröße XL von ZARAs Sachen passe ich nicht hinein, während die Kleidungsstücke von anderen Modeketten mir komischerweise passen und da schlägt die Stunde der Make-My-Size-Movement!
Die amerikanische Plus-Size-Bloggerin Katie Sturino fordert Modelabels wie ZARA auf, Kleidung in allen Größen herzustellen, indem sie Bilder von sich in Kleidungsstücken auf ihren Instagram-Account[1] postet, die ihr trotz XL-Ettiket nicht passen. Mal ist der Top zu klein oder die Jeanshose sitzt sehr eng, obwohl sie angeblich in Größe XL sind.
Es sind auch weitere Gründe aufzuzählen, warum ich nicht wegen der Schließung traurig bin: Faux-Pas von Designs sowie die unfaire Löhne für die Näher_Innen aus Marokko und der Türkei.
ZARA hatte uns in den letzten Jahren viele Faux-Pas mit ihren Designs beschert. Zum Beispiel bot die spanische Modelabel Kindershirt mit blau-weißen Streifen und einen gelben Stern auf dem Markt an, das an die Zwangsbekleidungen der KZ-Gefangenen erinnerte. Es fanden etliche Shitstorm gegen ZARA statt, sodass sie schnell dieses Shirt aus dem Markt rausnahm. Neulich bot sie per Online „Sklavensandaletten“ an und brachte die Kritiker deswegen zum Weißglut. Diese Sandaletten heißen auf Spanisch „sandalias esclavas“, was frei übersetzt „Sklavensandaletten“ bedeutet. ZARA hatte sich entschuldigt und diese Sandaletten nicht mehr angeboten. Man kann nur spekulieren, ob ZARA nicht mit Absicht ins Fettnäpfchen getreten hatte oder doch eine Publicity-Masche war, aber dadurch bekam sie die volle Aufmerksamkeit.
Wie alle anderen Modeketten lässt ZARA ihre Kleidungsstücke in anderen Ländern wie in Marokko, Türkei, Bangladesch usw. günstig herstellen. Wenn Modeketten wie ZARA ihre Sachen günstig herstellen, heißt es, dass die Angestellten in den Textilfabriken unter prekären Arbeitsbedingungen und wenig Lohn arbeiten und dies wird in Kauf genommen. Vor paar Jahren hatte ZARA die Forderung der marokkanischen Näher_Innen nach einer Gewerkschaftsgründung abgelehnt und ließ diejenigen rausschmeißen, die das Unternehmen kritisierten. Der schwere Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch im Jahre 2013 , wo über 1000 Angestellte ums Leben kamen, zeigte sie die kalte Schulter.
Zwar ist es deprimierend, wenn wieder leere Gebäude die Bremer City „schmücken“, aber man kann als naiver Mensch hoffen, dass dort vielleicht neue Läden eröffnen, die plus-size-freundliche Moden anbieten und wo die Kund_innen sich wohlfühlen, ohne von der Qualität der Kleidungsstücke enttäuscht zu werden. Mir tun die Beschäftigten Leid, die ihre Stellen verlieren werden und hoffe, dass sie trotz der prekären Situation, in der wir uns alle momentan befinden, wieder was Neues finden.
Und hier sind die zwei Pieces, die ich von ZARA habe und das sind wirklich nur die:
[1] Zu Katie Sturinos Inst-Account, siehe: @the12ishstyle , @katiesturino.